„Durch die erneute Entscheidung der EZB den Leitzins bei 0,0% zu belassen und der Erhöhung der Strafzinsen für Banken auf 0,5% werden die Banken ihre Strafzinsen an ihre Kunden weitergeben. Inwiefern kann die Anlage in Wohneigentum eine Alternative sein? Wenn nun jeder in Wohneigentum investiert, wie wahrscheinlich ist eine Blasenbildung und wie kann man sich dagegen schützen?“
„Negativzinsen“ heißen ja im Bankenjargon „Verwahrentgeld“. Welch´ nette Beschreibung für „jetzt bezahlen Sie Geld, wenn es auf Ihrem Konto liegt.
Wie konnte es denn zu dieser Entwicklung kommen?
Die letzte Krise 2008/2009 wurde mit immensen Summen staatlich gestützt. Vergleicht man die staatliche Stützungen 1929 zur Krise 2008 dann wurde 1929 ca. 8% des Bruttosozialproduktes eingesetzt in 2008 27,7%[1].Dies stellt nicht nur in absoluten Zahlen eine unglaubliche Erhöhung dar, sondern auch relativ gemessen eine immense Steigerung. Unberücksichtigt davon sind die Stützungen der Notenbanken. Mit dem Anleihe-Programm zuerst das der FED und dann der EZB wurden zusätzlich Billionen von Euro und Dollar in den Mark gepumpt. Zugleich wurden die Zinsen auf das historisch tiefste Niveau. Der Versuch der FED dies zu korrigieren ist gescheitert. Sowohl die Überschuldung der Süd EU-Länder als auch die jetzt einsetzende Rezession lässt scheinbar keine andere Fiskalpolitik mehr zu.
Die jetzt einsetzenden Negativzinsen, die sich in den nächsten Jahren noch verschärfen werden, heizen den Investitionsmarkt weiter an und regen immer mehr Menschen an mit aufgenommenen Darlehen und Niedrigzinsen alles zu kaufen was der Markt zu bieten hat. Zum einen birgt es die Gefahr das die Preise immer weiter steigen ohne das echte Werte dahinterstehen. So steigen die Aktienkurse immer weiter in die Höhe und alle vertrauen darauf das sie dies weiter tun. Im Immobilienmarkt steigen die Preise seit 2010[2] und haben ein historisches Höchstniveau erreicht. Die Preissteigerungen sind einmal befeuert durch das geringe Angebot aber vor allem durch die Niedrigzinsen.
Anhand der Grafik (Abb. 1) ist ersichtlich das die Steigerung der Immobilienpreise vor allem auf den sinkenden Zinsen basiert.
Abbildung 1 (Zinsen[3], Immobilienpreisindex[4])
Wollen wir einen Blick in die Zukunft wagen.
Wohnungskäufer Müller, 45 Jahre, hat eine 92 m² Wohnung in Rosenheim gekauft für 5300.-€ den m² 478600.-€ plus Kaufnebenkosten. Gesamt 512000.-€ er finanziert auf 10 Jahre fest mit 3% Kapitaldienst und 1,4% Zinsen. Wenn wir das Darlehen mit diesen Konditionen berechnen kommt er auf eine Finanzierungslaufzeit von 41 Jahren. Um die Wohnung vollständig abzubezahlen müsste Käufer Müller 85 Jahre alt werden. Gleichzeitig kostet ihm die Finanzierung 15360.-€ im Jahr oder 1280.-€ im Monat, was einer Miete von 13,90€ pro m² gleichkommt. Eine Miete die über dem Preisniveau von z.B. Rosenheim liegt. Den Effekt im Alter ohne Mietbelastung zu leben hat Käufer Müller nicht. Außerdem kann er die Zinsen nicht für 40 Jahre sichern und geht damit ein erhebliches Kostenerhöhungsrisiko nach dem Auslaufen der Zinsbindung ein. Anhand dieses Beispiels wird klar, dass Herr Müller durch den Kauf der Immobilie keine „Absicherung“ erfährt, sondern sind nur zusätzliches Risiko auflädt.
Wenn wir uns dem Gedanken der Blasenbildung annähern dann liegt es auf der Hand, dass der Markt jetzt schon überhitzt ist. Eine fortsetzende lockere Geldpolitik würde somit zu weiterhin steigenden Preisen und einem eventuell nicht kalkulierbaren Risiko werden. Eine solche Entwicklung kann anhand der Schweiz beobachtet werden. Dort sind bereits Ende 2014 Negativzinsen eingeführt[5]. Die sich daraus ergebenden Investitionen im Immobilienmarkt gingen weiter und die Nebenwirkungen dieser Geldpolitik werden nach 5 Jahren immer deutlicher sichtbar. Trotz dieses Beispiels scheinen die Notenbanken keinen anderen Weg mehr zu sehen als irgendwie so weiter zu machen. Und hier liegt die Betonung auf irgendwie.
Das es irgendwann zu einer Marktkorrektur kommen wird ist sicher, nur der Zeitpunkt ist noch offen.
Nachdenkliche Grüße
Rupert Voß
[1] Europäische Kommission: Bericht über staatliche Beihilfen der EU-Mitgliedsstaaten (Herbstausgabe 2012) S.9 URL: https://ec.europa.eu/competition/state_aid/studies_reports/2012_autumn_de.pdf (Stand: 29.01.2020)
[2] Statista: Immobilienpreisentwicklung in Deutschland (20.01.2020) URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/597304/umfrage/immobilienpreise-alle-baujahre-in-deutschland/ (Stand: 28.01.2020)
[3] URL: https://www.tagesgeldvergleich.net/zinsradar/deutschland.html (Stand: 29.01.2020)
[4] Statista: Immobilienpreisentwicklung in Deutschland (20.01.2020) URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/597304/umfrage/immobilienpreise-alle-baujahre-in-deutschland/ (Stand:28:01:2020)
[5] URL: https://www.finanzen.ch/leitzins (Stand:29.01.2020)